Durchwachsene Bilanz für die deutsche Chemie
23. Juli 2015Bürokratieabbau voranbringen
13. August 2015Weckruf für ein besseres Investitionsklima
VCI-Präsident Dekkers bringt es im „chemie report“ auf den Punkt: „Wir brauchen eine industriepolitische Initiative, um das Investitionsklima deutlich zu verbessern und Deutschland zukunftsfest zu machen.“ Dazu mahnt er Reformen vor allem in der Energiepolitik und beim Abbau von Innovationshemmnissen an. Denn die Faktenlage ist klar: Die chemische Industrie investiert zunehmend im Ausland – und dies immer öfter vor dem Hintergrund niedrigerer Kosten in anderen Ländern. So finden dort Investitionen statt, die bei besseren Standortbedingungen in Deutschland verwirklicht würden.
Es gibt ihn wirklich, den Investitionsstau in Deutschland: Dass die öffentliche Hand zu wenig investiert, hat unlängst eine von DIW-Chef Michael Fratzscher geleitete Expertenkommission für die Bundesregierung ermittelt.
Und die Privatwirtschaft? Die chemisch-pharmazeutische Industrie, die drittgrößte deutsche Branche, investiert zunehmend im Ausland. Wie eine aktuelle Erhebung des VCI zeigt, geschieht dies nicht mehr vornehmlich zur Erschließung neuer Märkte, sondern vor allem wegen niedrigerer Kosten. Während die Auslandsinvestitionen sich in den vergangenen 25 Jahren auf aktuell 8,6 Milliarden Euro verdoppelten, stagnierten die Investitionen im Inland in diesem Zeitraum. Die Investitionen der Branche, die bei durchschnittlich 6,4 Milliarden Euro pro Jahr liegen, sind seit 1991 relativ konstant. Preisbereinigt sinkt ihr Niveau damit kontinuierlich. Seit 2012 übersteigen die Auslandsinvestitionen das Engagement im Inland.
Die VCI-Umfrage zeigt auch, welche Motive dieser Entwicklung zugrunde liegen. Die Investitionsstrategie der Unternehmen hat sich gewandelt: Sinkende Kosten – zum Beispiel für Energie und Rohstoffe – haben die USA und auch andere EU-Länder deutlich attraktiver gemacht. So finden Investitionen im Ausland statt, die bei besseren Standortbedingungen in Deutschland verwirklicht würden. Auch die Studie zur Wettbewerbsfähigkeit des Chemie-Standorts Deutschland von Oxford Economics belegt, dass seit 2008 Investitionsströme zunehmend ins Ausland umgelenkt werden.
Im Mittelstand der chemischen Industrie wirkt sich das Kostenargument ebenfalls spürbar auf Investitionsentscheidungen aus. Bis 2008 stieg das Engagement der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland stetig an. Seitdem werden notwendige Investitionen zwar nicht in andere Länder umgelenkt, dafür aber zeitlich aufgeschoben.
Diese Entwicklungen sollten ein Weckruf für die Bundesregierung sein. Wir brauchen eine industriepolitische Initiative, um das Investitionsklima deutlich zu verbessern und Deutschland zukunftsfest zu machen. Die Zeit drängt. Wir brauchen Reformen vor allem in der Energiepolitik. Wir brauchen sie aber auch für den Abbau von Hemmnissen bei Innovationen, damit die Unternehmen neue Produkte schneller auf den Markt bringen können. Dazu liegen bereits viele Vorschläge auf dem Tisch: Zum Beispiel die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung und eines Wagniskapitalgesetzes.
Quelle: VCI