Energie: Strom und die Angst vor dem Absturz
20. März 2019Energie: Appell an die Politik
22. März 2019Energie: Bilanzpressekonferenz der Wacker Chemie AG
Wacker: Investition und offene Drohung
Über 400 Mio Euro für Burghausen – Stromrisiko: Poly-Verlagerung nach USA ist Option
München. Mit leicht gesteigertem Umsatz, aber unter der eigenen Prognose beim EBITA, hat die Wacker Chemie, wie bereits kurz berichtet, das Geschäftsjahr 2018 abgeschlossen. In der aktuellen Bilanzpressekonferenz präsentierte Vorstandsvorsitzender Dr. Rudolf Staudigl die Hintergründe und Perspektiven für die Zukunft.
Tenor: Vor allem das Chemiegeschäft hat sich profitabel entwickelt, Burghausen wird auch im laufenden Jahr Investitionen und ebenso mit Instandhaltungen mit einem Volumen in jeweils dreistelligem Millionenbereich gestärkt.
Aber: Die Frage nach einer sicheren, vor allem auch störsicheren Stromversorgung in großem Ausmaß und zu wettbewerbsfähigen Preisen schiebt sich als existenzbedrohende Sorge in den Vordergrund. Vor allem in energieintensiven Bereich der Herstellung von Polysilicium nennt Vorstandsvorsitzender Dr. Rudolf Staudigl eine Produktionsverlagerung an den neuen Standort in Charleston/USA als realistische Option mit allen Konsequenzen für die Standorte in Deutschland. (Lesen Sie dazu auch „Appell an die Politik“. Bereits am Dienstag berichtete Heimatwirtschaft über ein Positionspapier der Bayerischen Chemieverbände).
„2019 wird aus heutiger Sicht kein einfaches Jahr werden“, sagte Konzernchef Dr. Rudolf Staudigl bei der Präsentation der Bilanz in München: „In den Chemiebereichen sind wir zuversichtlich, dass wir mit unseren hervorragenden Produkten unseren Wachstumskurs weiter fortsetzen. Andererseits dämpfen Überkapazitäten für Solarsilicium in China trotz unserer führenden Markt- und Qualitätsposition die Ergebnisentwicklung in unserem Polysili-ciumgeschäft und damit im Konzern.“
Als besondere Herausforderung für Wacker als energieintensives Unternehmen sieht Dr. Staudigl die „stark steigenden Strompreise in Deutschland“. „Wir unternehmen vor diesem Hintergrund große Anstrengungen, um unsere Kosten weiter zu senken. Gleichzeitig stärken wir unser Chemiegeschäft weiter mit gezielten Investitionen und begleiten so das Marktwachstum“, betonte er vor der deutschen und internationalen Wirtschafts- und Fachpresse.
Die Branche habe bereits reagiert. Mit neuen Technologien in den vergangenen Jahren die Produktion um rund 70 Prozent ausgebaut, und das bei rund 14 Prozent weniger Energieeinsatz und 50 Prozent weniger CO²-Ausstoß. Dr. Staudigl betonte in diesem Kontext, dass es nicht nur in Frankreich und in den USA günstigere Energiepreise für energieintensive produzierende Industrie gibt, sondern dass China jetzt angekündigt hat, die ohnehin schon niedrigen Strompreise noch um weitere zehn Prozent zu senken.
Wacker erzeugt zwar am Standort Burghausen in der GuD-Turbine und im Wasserkraftwerk selber Strom, ist aber auch in großem Ausmaß auf Zukauf angewiesen. Immerhin werden in Burghausen rund 40 Prozent des weltweiten Bedarfs an hochreinem Silicium für die gesamte IT-Branche hergestellt. Als drohendes Szenario wollte Vorstandsvorsitzender Dr. Staudigl eine Verlagerung dieser Produktion an den Standort Charleston in den USA nicht ausschließen.
Die Investitionen des Konzerns summierten sich im Geschäftsjahr 2018 auf rund 461 Mio Euro (2017: 326,8 Mio Euro). Das sind 41 Prozent mehr als vor einem Jahr.
„In den Standort Burghausen sind im vergangenen Jahr Investitionen in Höhe von rund 160 Millionen Euro geflossen“, erklärte Vorstandsmitglied Dr. Auguste Willems. Im laufenden Jahr werde dieser Betrag etwas höher liegen, ergänzte er. Auf etwa gleichem Niveau wie im Vorjahr, bei rund 250 Millionen Euro, werden sich die Instandhaltungskosten – seit jeher von besonderer Bedeutung für die Wertschöpfung der Handwerks- und Ingenieurfirmen der Region – bewegen.
Als Investitionsschwerpunkte in Burghausen definierte Vorstandsmitglied Dr. Christian Hartel die Bereiche Silicone und Siliconelastomere, den Neubau von Forschungs- und anwendungstechnischen Laboren sowie die Ertüchtigung der Gasturbine im standorteigenen Kraftwerk.
Eine größere Investition ist überdies im Jahr 2021, während routinemäßigen Intervall-Abschaltung (TÜV) der OMV-Raffinerie, geplant. Die Produktionspause soll zum Ausbau der Anlagen für die Vinylacetat-Monomer-Produktion bei Wacker genutzt werden.
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung am 23. Mai eine Dividende von 2,50 Euro je Aktie vor. Bezogen auf die am 31. Dezember 2018 dividendenberechtigten Aktien entspricht die Bardividende einer Ausschüttungssumme von 124,2 Mio Euro. Bezogen auf den durchschnittlichen Börsenkurs der Wacker-Aktie im Jahr 2018 ergibt sich eine Dividendenrendite von 2,1 Prozent. Die Aktie notierte am Tag der Bilanzpressekonferenz bei 85,86 Euro.
Im laufenden Geschäftsjahr 2019 rechnet Wacker trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen mit weiterem Wachstum. Das Unternehmen will seinen Umsatz um einen mittleren einstelligen Prozentsatz steigern.
Der Konzernumsatz im vergangenen Jahr 2018 mit 4,98 Milliarden Euro (2017: 4,92 Mrd Euro) ist gegenüber dem Vorjahr um ein Prozent gestiegen. Ausschlaggebend für dieses leichte Plus waren höhere Absatzmengen und Preise im Chemiegeschäft, vor allem bei Siliconen. Negative Währungseffekte dem gegenüber dem US-Dollar stärkeren Euro und niedrigere Preise für Polysilicium konnte Wacker dadurch mehr als ausgleichen.
Das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) summierte sich im Geschäftsjahr 2018 auf 930 Mio Euro(2017: 1014,1 Mio Euro). Das sind acht Prozent weniger als vor einem Jahr und entspricht einer EBITDA-Marge von 18,7 Prozent (2017: 20,6 Prozent).
Als wesentlichen Grund für diesen Rückgang nennt Vorstandsvorsitzender Dr. Rudolf Staudigl die Kosten der Betriebsunterbrechung am US-Standort Charleston und die noch nicht erhaltenen Versicherungsleistungen aus dem Schadensfall. Höhere Rohstoff- und Energiekosten hätten die Ergebnisentwicklung ebenfalls deutlich gebremst.
Die Zahl der Mitarbeiter stieg im Geschäftsjahr 2018 um rund 730. Zum 31. Dezember 2018 waren weltweit 14 542 Mitarbeiter (Silvester 2017: 13 811 Mitarbeiter) beschäftigt. An den deutschen Standorten arbeiteten zum Stichtag 10 300 Mitarbeiter, davon gut 8000 in Burghausen. Weitere 1500 Mitarbeiter sind hier bei der Siltronic AG beschäftigt.
Quelle: Alt-Neuöttinger/Burghauser Anzeiger/Passauer Neue Presse