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10. Juli 2014Bayerische Chemieverbände warnen vor Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland
München, 10.07.2014 – Die chemische Industrie in Bayern blickt auf ein schwieriges Geschäftsjahr zurück: Im Jahresdurchschnitt 2013 stagnierte der Umsatz der Branche (ohne Pharma). Die Anzahl der Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Bayern hingegen hat sich um 1,5 Prozent erhöht. Dies teilten die Bayerischen Chemieverbände im Zuge ihrer Mitgliederversammlung in München mit.
Mit Blick auf die Zukunft warnte Dr. Günter von Au, Vorsitzender der Bayerischen Chemieverbände: „Wir verschlechtern – ohne Not – die Rahmenbedingungen für die Industrie. Beispielsweise bürden die Rente mit 63 und die Mütterrente unseren Sozialsystemen unnötigerweise hohe Kosten auf, die Energiewende verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit gerade unserer Branche massiv, ohne allerdings dem Klima zu helfen. Gleichzeitig werden an verschiedenen anderen Stellen, wie etwa mit der Einführung des Mindestlohns, die Errungenschaften der Agenda 2010 zunichte gemacht.“
Als große Herausforderung für den Wirtschaftsstandort bezeichnete der Vorsitzende der Bayerischen Chemieverbände die Energiewende: „Die Strompreise steigen und steigen. Unsere Branche wird damit extrem im Wettbewerb benachteiligt. Gleichzeitig bedrohen wir mit der Energiewende die Versorgungssicherheit.“ Laut Dr. von Au besteht eine ernste Gefahr der De-Industriealisierung in Deutschland. Im Wettbewerb der Regionen um Investitionen fällt Deutschland insbesondere im Vergleich mit den USA deutlich zurück. Gas- und Strompreise sind dort um etwa ein Drittel günstiger als in Deutschland. Beide Energieträger sind für die chemische Industrie äußerst wichtig. „Noch bevor das EEG 2.0 verabschiedet ist, wird klar, dass wir ein EEG 3.0 brauchen“, mahnt Dr. von Au. Strom müsse wieder zu wettbewerbsfähigen Preisen zu haben sein. „Wir brauchen mehr Wertschätzung für Wertschöpfung und eine starke chemische Industrie“, so Dr. von Au.
Walter Vogg, der Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Chemieverbände wies in seiner Rede auf die besorgniserregende gesellschaftliche Entwicklung hin, ‚Neugier‘ durch ‚latente Angst‘ zu ersetzen und reflexartig zu verbieten, was nicht sofort verstanden wird – sei es bei der Gentechnik, der Nanotechnologie oder beim ‚Fracking‘. „Als Basis jeder Innovation gehört es zum Kerngeschäft der chemischen Industrie, Risiken beherrschbar zu machen und Chancen zu nutzen. Angesichts beherrschbarer Risiken muss man die Chancen ergreifen, die neue Technologien bieten, statt sie immer nur als Bedrohung zu sehen. Denn Wohlstand, soziale Sicherheit und nachhaltige Entwicklung basieren nicht auf Technikverweigerung, sondern auf intelligenter und verantwortungsvoller Nutzung ihrer Möglichkeiten.Dass dabei Umweltschutz und Nachhaltigkeit höchste Priorität haben, ist kein Widerspruch. Nur auf dieser Grundlage werden wir als Branche nachhaltig erfolgreich und zukunftsfähig sein.“, so Walter Vogg.
Der Ausbau der Versorgungssicherheit im Rahmen der Energiewende war Schwerpunkt der Rede des diesjährigen Gastredners Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Der Leitungsausbau soll dabei helfen, den vermehrt im Norden und Nordosten produzierten Strom aus erneuerbaren Energien nach Süden und Südwesten zu transportieren. Gerade im Süden Deutschlands, insbesondere in Bayern, werden mit dem Atomausstieg die Stromerzeugungskapazitäten knapp. Anhand von Beispielsrechnungen zeigte er die für die Jahre 2015/2016 und 2017/2018 benötigte Netzreserve auf. Hierbei wurden bereits die für Mai 2015 angezeigte Stilllegung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld, mögliche Probleme beim Ausbau der Thüringer-Strombrücke sowie zusätzliche „worst case“-Annahmen berücksichtigt. „Einen Teil der erforderlichen Reservekapazität haben wir bereits unter Vertrag. Für die noch fehlende liegen uns ausreichend Angebote vor. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir die bestehende Lücke schließen können.“, so Herr Homann. Dennoch sei eine Nord-Süd-Leitung langfristig wichtig und die günstigste Variante zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Der Netzausbau gehört zu den in jüngster Zeit am meisten diskutierten Folgen der Energiewende. In vielen Gemeinden regt sich Widerstand gegen die Trassen.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung wurde auch der neue Jahresbericht der Bayerischen Chemieverbände vorgestellt. Er ist als pdf abrufbar.