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3. Juni 2016„Jugend forscht“ Preisträger 2016 ausgezeichnet: der zweite Preis im Fachgebiet Chemie geht nach Bayern
Bundessieger-Team im Fach Chemie: Friedrich Wanierke (links), Christian Schärf (Mitte) und Paul Rathke (rechts) mit Dr. Gerd Romanowski, Geschäftsführer des Fonds der Chemischen Industrie. - Foto: © Stiftung Jugend forscht e. V.
Die Siegerinnen und Sieger des 51. Bundesfinales von „Jugend forscht“ stehen fest. In Anwesenheit der Stellvertretenden Ministerpräsidentin und Schulministerin von Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann sowie der Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Bremer Bildungssenatorin Dr. Claudia Bogedan wurden die talentierten Jungforscher bei der Siegerehrung in Paderborn ausgezeichnet.
191 Jugendliche mit insgesamt 110 innovativen Projekten – davon 27 Teilnehmer mit 16 Projekten im Fachgebiet Chemie – hatten sich für das diesjährige Bundesfinale von „Jugend forscht“ qualifiziert. Für die Chemie ist seit Jahren der Fonds der Chemischen Industrie Preisstifter.
Für die Entwicklung einer chemischen Synthese für Edelsteine auf Basis von alpha-Aluminiumoxid belohnte die Jugend-forscht-Jury im Bundeswettbewerb 2016 Friedrich Wanierke (17), Christian Schärf (18) und Paul Rathke (18) vom Albert-Schweitzer-Gymnasium, Erfurt, mit dem ersten Preis im Fachgebiet Chemie. 2.500 Euro gab es für das Forschungsprojekt der drei Schüler aus Thüringen, die mit diesem Preis den Bundessieg im Fachgebiet Chemie errangen.
Das Sieger-Projekt
Der Abbau von Edelsteinen schadet der Umwelt und findet oft unter menschenunwürdigen Bedingungen statt. Da beispielsweise Rubine und Saphire eine Mixtur von Aluminiumoxid und bestimmten Metallen sind, kann man sie womöglich selbst herstellen – so die Idee von Christian Schärf, Paul Rathke und Friedrich Wanierke. Das Trio experimentierte mit verschiedenen Schmelz- und Kristallisationsverfahren, analysierte den Syntheseverlauf und die gewonnenen Pulverpartikel und Kristalle. Dabei mussten die Jungforscher feststellen, dass die Natur ein besonders fähiger Chemiker ist. Zwar gelang es den dreien, winzige Rubin-Einkristalle herzustellen. Der Weg zu einem großen Edelstein aus dem Labor aber ist schwieriger als gedacht.
Christian Schärf, Paul Rathke und Friedrich Wanierke überzeugten die Jury durch hohes experimentelles Geschick, fundiertes Fachwissen und die professionelle Nutzung materialwissenschaftlicher Methoden. Mit großer Ausdauer und Kreativität bearbeiteten sie ihr Thema und stellten ihre Ergebnisse auf mitreißende Weise dar.
Hintergrund
Den 51. Bundeswettbewerb richtete die Stiftung Jugend forscht e. V. zusammen mit dem Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) in Paderborn aus.
Der Fonds der Chemischen Industrie stiftete verschiedene Preise. Schon traditionell gab es wie in den Vorjahren fünf Preise im Fachgebiet Chemie sowie drei Sonderpreise. Die drei Sonderpreise, die mit je 1.000 Euro dotiert sind, wurden wie gehabt für den Bereich Biotechnologie, für eine Arbeit mit großer Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung in der Chemie und für chemische Nanotechnologie vergeben. Insgesamt liegt die Höhe der Fonds-Preisgelder auch im 51. Bundeswettbewerb wieder bei 10.500 Euro.
Im Jahr 2011, dem Internationalen Jahr der Chemie, hatte der Fonds seine Förderung bei Jugend forscht ausgeweitet indem er zusätzlich zu den genannten Preisen im Bundeswettbewerb auch die Chemiepreise bei allen Regional- und Landeswettbewerben stiftete und sich so 2011 mit insgesamt 50.000 Euro bei Jugend forscht engagierte. Dieses erweiterte Engagement von 50.000 Euro jährlich hat der Fonds für fünf Jahre, 2012 bis 2016, fortgeschrieben; er gehört damit zu den Haupt-Förderern von Jugend forscht.
Die weiteren Preisträger 2016
2016 ging der zweite Preis im Fachgebiet Chemie an Michael Eibl (18) und Sandra Krogner (18) vom Johann-Michael-Fischer-Gymnasium Burglengenfeld. Das Thema des bayerischen Duos war die Gewinnung eines Blütenöls von Impatiens glandulifera und Identifikation der Inhaltsstoffe. Das Springkraut zählt hierzulande zu den weniger beliebten Pflanzen. Ursprünglich aus dem Himalaya stammend droht es heimische Arten zu verdrängen. Alle bisherigen Versuche, das Gewächs zurückzudrängen, brachten nur mäßigen Erfolg. Michael Eibl und Sandra Krogner suchten daher nach Wegen, einen Nutzen aus der kaum zu bekämpfenden Pflanze zu ziehen. Sie analysierten die Blüten und wiesen in deren Ölen Substanzen nach, die in der Medizin genutzt werden können. Das extrahierte Blütenöl, dessen Duft die Jungforscher als „komplex-blumig“ beschreiben, könnte außerdem zur Kreation von Parfums dienen, ähnlich wie man es von Rosenöl kennt. Vielleicht ziehen dann in Zukunft Blütenpflücker durch die Landschaft – und bremsen so die weitere Expansion des Springkrauts.
An Benedikt Pinktat (19) vergab die Jury den dritten Preis im Fachgebiert Chemie. Er forschte an der Herstellung von Silber-Nanodrähten und deren Verwendung für transparente leitende Beschichtungen. Leuchtdioden transparent wie Fensterglas – das ist eine der Ideen, die Benedikt Pintat verfolgt. Dazu hat er faszinierende Gebilde hergestellt – Drähte aus Silber mit einem Durchmesser von nur wenigen Nanometern. Der Jungforscher entwickelte eine raffinierte Produktionsmethode für die Nanodrähte: Basis waren einige Chemikalien, darunter eine Ethylenverbindung sowie Silbernitrat. Durch sorgfältiges Rühren und Heizen bildeten sich die hauchfeinen Silberdrähte, die Benedikt anschließend mit ausgefeilten Analyseverfahren nachweisen konnte. Die neue Methode, so hofft er, könnte für die Industrie hochinteressant sein und nicht nur durchsichtige LEDs ermöglichen, sondern auch biegsame Displays oder transparente Solarzellen. Für dieses Projekt gab es zusätzlich einen der insgesamt drei Sonderpreise des Fonds, den Preis für chemische Nanotechnologie. Schon im Vorjahr war Benedikt Pinktat erfolg- und siegreich gewesen – 2015 war er noch Schüler am Walther-Rathenau-Gymnasium, Bitterfeld, und hatte den zweiten Preis im Fachgebiet Chemie erhalten. Er präsentierte damals neue Erkenntnisse zu plasmatischen Vorgängen bei der Elektrolyse in wässrigen Lösungen. Damals wie auch noch heute experimentierte und forschte Benedikt Pinktat regelmäßig am ABI Lab im Technologie- und Gründerzentrum Bitterfeld-Wolfen GmbH in Sachsen-Anhalt.
Den vierten Chemie-Preis erhielt ein Zweier-Team vom rheinland-pfälzischen Gymnasium Konz. Marvin Hirth (19) und Simon Hein (19) befassten sich mit der Frage, ob Spiropyran ein effizienter, haltbarer und massentauglicher Datenspeicher sein könnte. Ein Molekül gleich ein Bit – das ist der Traum vieler Forscher, die angesichts rasant steigender Datenmengen an neuen Konzepten zu deren Speicherung arbeiten. Realisieren lässt sich dieser Ansatz mit molekularen Schaltern wie Spiropyran und Merocyanin. Marvin Hirth und Simon Hein studierten diese beiden Isomere, die aus denselben Atomen in unterschiedlicher Struktur bestehen und sich durch das Licht bestimmter Wellenlängen ineinander überführen lassen. Damit können sie die für die Datenspeicherung nötigen Zustände „0“ und „1“ abbilden. Die Jungforscher untersuchten mit spektralfotometrischen Verfahren, wie Temperatur und Wellenlänge die Gleichgewichtsreaktion zwischen beiden Isomeren beeinflussen. So erhielten sie Aufschluss über die Effizienz und Haltbarkeit eines auf diesen chemischen Verbindungen basierenden Datenspeichers.
Den fünften der vom Fonds gestifteten Chemie-Preise konnte Sebastian Obst (17) mit nach Hause nehmen nach Nordrhein-Westfalen ins Cornelius-Burgh-Gymnasium, Erkelenz. Er untersuchte die Anwendbarkeit und Verarbeitung von fotochromen Molekülen in Polymeren. Sebastian Obst ist fasziniert von sogenannten molekularen Schaltern. Diese Moleküle können beispielsweise bei Lichteinwirkung umkehrbar ihre Farbe ändern. Dieser Effekt wird in fototropen Brillengläsern genutzt. Der Jungforscher wollte wissen, ob ein solcher Farbwechsel auch in Kunststoffen funktioniert. Dafür synthetisierte er einen dieser Schalter-Stoffe mit dem Namen DNBP (Dinitrobenzylpyridin) und mischte ihn in verschiedene Polymere. Dabei verändert sich das Verhalten des DNBP deutlich. Der Farbwechsel ist wesentlich langsamer und hängt von der Temperatur der Probe ab. Sebastian Obst vermutet, dass die molekularen Schalter in enge Wechselwirkung mit der Kunststoffmatrix treten und dabei gehemmt werden. Schalter und Polymer müssen daher in ihren Eigenschaften exakt aufeinander abgestimmt werden, damit sie funktionieren.
Die Sonderpreise
Den ersten Fonds-Sonderpreis, den Preis für Biotechnologie, vergab die Jury an Axel Schlindwein (19), und Corinna Nowak (18). Im Heidelberger Life-Science Lab am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) optimierten sie die Beeinflussung des Stoffwechsels einer Mikroalge durch externe Faktoren. Axel Schlindwein und Corinna Nowak fanden heraus, dass Grünalgen besonders viele energiereiche Fette und Öle bilden, wenn ihnen bestimmte Nährstoffe fehlen. Sie ließen Algen unter Zugabe verschiedener Nährmedien über vier Wochen in einem selbst konstruierten Plattenreaktor wachsen. Dann analysierten sie die Proben fotometrisch und chromatografisch. Das Ergebnis: Bei einem Mangel an Stickstoffsalzen wachsen die Zellen zwar langsamer, produzieren aber doppelt so viel Fettsäure. Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes Enzym, das die Fettsynthese bei Mangelernährung beschleunigt. Durch genetische Veränderungen, so glauben die beiden Jungforscher, könnte man die Algen dazu bringen, die gebildeten Fettsäuren kontinuierlich auszuscheiden. Daraus ließe sich beispielsweise Biokraftstoff herstellen.
Der zweite Fonds-Sonderpreis, der Preis für eine nachhaltige Entwicklung in der Chemie, ging an Johannes Hammer (15) vom Georg-Cantor-Gymnasium, Halle (Saale). Schrott zur Geruchsbeseitigung im Abwasser war das Forschungsthema des Schülers aus Sachsen-Anhalt. In Abwasserkanälen bildet sich Schwefelwasserstoff. Dieses Gas, das beispielsweise für den typischen Gestank fauler Eier verantwortlich ist, riecht nicht nur unangenehm. In höheren Konzentrationen ist es für Menschen sogar gefährlich. Johannes Hammer suchte daher einen Weg, den im Abwasser stets vorhandenen Schwefel in eine ungefährliche Verbindung umzuwandeln. Dies gelang ihm durch Eisenstreifen, die er ins Abwasser hängte und unter Strom setzte. Durch diese Einflüsse zersetzte sich das Eisen langsam und bildete mit dem Schwefel das schwer lösliche und unkritische Eisensulfid. Umweltfreundliche Energie für einen solchen Prozess könnte künftig die Sonne liefern: Ein mittelgroßes Fotovoltaikmodul, rechnete der Jungforscher aus, reicht zur Entschwefelung des Abwassers von 60 Menschen.
Den dritten Sonderpreis des Fonds, dem Preis für chemische Nanotechnologie, vergab die Jury an Benedikt Pinktat (19), den sie auch mit dem dritten Preis im Fachgebiert Chemie auszeichnete.
Die Preisträger-Broschüre und weitere Informationen finden Sie auf der Jugend-forscht-Homepage: http://www.jugend-forscht.de/wettbewerbe/bundeswettbewerb-2016/preistraeger.html