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12. September 2024VCI-Politikbrief: „Das gehört in jedes Wahlprogramm“
Deutschland ist in Herbststimmung: Stagnation in der Wirtschaft, Streit in der Politik, Unzufriedenheit in der Gesellschaft. Höchste Zeit, um grundlegend etwas zu ändern und das Land wieder nach vorne zu bringen. Wir wollen einen innovativen, nachhaltigen Standort mit einer starken Industrie und hochwertigen Arbeitsplätzen. Eine weltoffene, tolerante Nation mit hoher Lebensqualität und guten Perspektiven für alle. Und wir sind sicher: Das muss keine Utopie bleiben.
Deutschlands Potenzial ausschöpfen
Das Vertrauen der chemisch-pharmazeutischen Industrie in das Potenzial unseres Landes ist groß. Das hohe Forschungsniveau, das große Maß an Rechtssicherheit, die noch immer gute Qualität des Bildungs- und Gesundheitssystems und nicht zuletzt bislang
stabile politische Verhältnisse bilden in Summe gute Voraussetzungen. Dennoch schwindet die Zuversicht, dass das „Geschäftsmodell Deutschland“ dem globalen Wettbewerb dauerhaft standhalten kann. Das gilt auch und besonders für unsere Branche. Vor allem unsere überwiegend mittelständischen Mitgliedsunternehmen leiden immer stärker unter den hohen Energiekosten, unnötiger Bürokratie, zu langsamen Genehmigungsverfahren und einer in vielen Bereichen nur noch mittelmäßigen Infrastruktur.
Den Aufbruch wagen. Jetzt!
Deshalb fordern wir den industriepolitischen Aufbruch, der jetzt vorbereitet und in der kommenden Legislaturperiode mit aller Kraft durchgesetzt werden muss: mit einem konkurrenzfähigen Energiesystem aus einem Guss, einem Turbo für Innovationen, Genehmigungen und Bürokratieabbau, weniger kleinteiliger Regulierung und einem Steuerbooster für Unternehmen. Außerdem brauchen wir mehr Investitionen in Bildung und Wissenschaft, Sicherheit sowie in eine leistungsfähige Energie-, Digital- und Verkehrsinfrastruktur. Auf EU-Ebene gilt es, Nachhaltigkeit und Wachstum in dem angekündigten Industrial Deal wirksam in Einklang zu bringen.
Angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks – insbesondere aus den USA und China – können wir uns Mittelmaß nicht länger leisten. Die chemisch-pharmazeutische Industrie fordert eine Kernsanierung des Wirtschaftsstandorts, um als Zentrum für grüne Zukunftstechnologien in der EU und weltweit in Führung zu gehen. Wir können und wollen dabei weiterhin eine gestaltende Kraft sein – mit unserer traditionellen Innovationskraft, mit Steuern und Sozialabgaben und mit unseren qualifizierten, engagierten Beschäftigten.
Vertrauen in den Standort stärken
Die Chemie- und Pharmaindustrie steht als energieintensive Branche auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität vor immensen Herausforderungen. Um ihre Prozesse und Verfahren umzustellen, sind die Unternehmen auf eine zukunftsfähige und zuverlässige Industriepolitik angewiesen – was im gleichen Maße auch für viele andere Schlüsselbranchen gilt. Die Zeit drängt, Deutschland braucht dringend einen industriepolitischen Aufbruch.
Schon jetzt könnte eine Reihe smarter politischer Entscheidungen getroffen werden – die nach der nächsten Bundestagswahl konsequent weitergeführt werden müssen, um die schleichende Deindustrialisierung aufzuhalten.
Auch wenn nicht alles zum Nulltarif zu haben ist: Die Chemie- und Pharmaindustrie hat einige Maßnahmen identifiziert, die auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel ihre volle Wirksamkeit entfalten können, ohne dass zusätzliches Geld investiert werden muss.
Konkurrenzfähige Strompreise
Nach wie vor leidet die hiesige Industrie unter international nicht wettbewerbsfähigen Strompreisen. So hat sich unter anderem der – verspätete – Netzausbau zu einem zentralen Kostentreiber entwickelt. Dabei zählt die Bereitstellung einer leistungsfähigen Strominfrastruktur zur Daseinsvorsorge und damit zu den klassischen Staatsaufgaben. Der weitere Anstieg der Netzentgelte muss gestoppt werden.
Weniger Bürokratie
Unnötiger Verwaltungsaufwand verschlingt viel Zeit und Geld. Er lähmt Staat und Wirtschaft und damit auch die hohe Innovationskraft der Unternehmen, die unter anderem für die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und eine hochwertige Gesundheitsversorgung unabdingbar ist. Neue und treibhausgasneutrale Industrieanlagen müssen deutlich rascher genehmigt und von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Dafür ist der Bund-Länder-Pakt jetzt schnell, rechtssicher und praxisnah umzusetzen. Der Bund muss die politische Verantwortung übernehmen.
Industrial Deal der EU
In Europa muss der Fokus verstärkt auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Öffnung von Märkten für europäische Unternehmen gerichtet werden. Die neue EU-Kommission hat mit Initiativen wie dem „Clean Industrial Deal“ vielversprechende Ansätze als Ergänzung zum Green Deal vorgelegt. Die deutsche Politik sollte sich in Brüssel entschieden dafür einsetzen, dass diese Trendwende auch tatsächlich stattfindet. So ist eine Überfrachtung mit kleinteiliger Regulierung und engmaschiger Gesetzgebung dringend zu vermeiden. Stattdessen gilt es, bestehende Regeln pragmatisch im Rahmen eines Omnibus-Verfahrens zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Zudem muss der Zuzug dringend benötigter Fachkräfte durch eine kluge und gut organisierte Einwanderungspolitik unter Nutzung von EU-Programmen erleichtert werden.
Steuer-Booster für Unternehmen
Die deutsche Wirtschaft braucht ein modernes und wettbewerbsfähiges Steuerrecht – auch mit Blick auf eine solide und nachhaltige Finanzpolitik.
Die Gesamtsteuerlast von Unternehmen muss auf maximal 25 Prozent begrenzt und das System insgesamt verschlankt und digitaler werden. Neue Belastungen oder Verschärfungen sind zu vermeiden. Eine gut gestaltete Steuerreform ist eine Investition in die Zukunft des Industriestandorts, die mittelfristig Wachstum schafft und mehr Geld in die öffentlichen Kassen spült.
Investitionen in Wachstum
Investitionen vor allem in Bildung, Sicherheit sowie eine leistungsfähige Energie-, Digital- und Verkehrsinfrastruktur wurden zu lange vernachlässigt. Sie müssen im Bundeshaushalt deutlich stärker gewichtet werden. Staatliche Ausgaben sollten durch neue Fiskalregeln oder Sondervermögen dauerhaft priorisiert werden.
Dabei steht die Schuldenbremse dem Einsatz der zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht im Weg. Vorschläge der Wirtschaftsweisen wie eine Konjunkturkomponente und das Prinzip der Überjährigkeit gehen in die richtige Richtung.
Innovationen fördern
Die Forschungsintensivität der Branche, insbesondere des Pharmasektors, ist nach wie vor hoch – allerdings kein Selbstläufer. Perspektivisch braucht Deutschland einen Gesetzesrahmen, der den medizintechnologischen Entwicklungen gerecht wird. Auch bei der klinischen Forschung fällt es schwer, nicht den Anschluss zu verlieren. Neben Qualität und Kosten werden in der Branche insgesamt Tempo und Digitalisierung immer entscheidender, um im globalen Innovationswettbewerb zu bestehen. Die Politik muss den richtigen Rahmen setzen, damit sich technologische Zukunftsfelder entwickeln und neue Märkte entstehen können. Das gelingt langfristig nur mit einer stringenten Innovationsstrategie, die neben Bürokratieabbau die Förderung von Reallaboren, Pilot- und Demonstrationsanlagen sowie eine verbesserte MINT-Bildung umfasst. Nötig ist zudem eine Chemikalienpolitik, die dem risikobasierten Ansatz verpflichtet ist und Innovationen nicht durch pauschale Stoffverbote ausbremst.
Witere Informationen finden Sie hier
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Bildquelle: VCI-FFM