VCI-Quartalsbericht 4/2022: Stimmung heller, Sorgen bleiben
9. März 2023Zu spät, zu wenig, zu teuer, zu komplex! Droht ein Deindustrialisierungsstrompreis?
14. März 2023Manchmal muss es eben Berlin sein – ChemDelta wirbt in der Hauptstadt fürs Chemiedreieck
Vertreter von ChemDelta Bavaria klärten Politikerinnen und Politiker in der Hauptstadt darüber auf, mit welchen Herausforderungen die chemische Industrie derzeit im Bayerischen Chemiedreieck konfrontiert wird.
Waren es bei früheren Besuchen eher die Verkehrsthemen, so ist es nun vor allem die Energieproblematik, welche die Unternehmen umtreibt. Insbesondere die Frage, wie die heimische Industrie künftig stabil mit ausreichend klimaneutralem Strom und Wasserstoff versorgt werden kann, noch dazu zu international wettbewerbsfähigen Preisen, müsse schnellstens gelöst werden. Als unverzichtbar sehen die ChemDelta-Verantwortlichen hier neben einem Transformationsstrompreis für die Industrie eine zweite, zusätzlich zur derzeit in Planung befindlichen 380-kV-Leitung zu errichtende Höchstspannungsleitung an. Denn schon heute ist diese ausgereizt, wichtige Zukunftsprojekte müssen aktuell geschoben oder an anderen Standorten verwirklicht werden. Und künftig wird der Strombedarf noch spürbar anwachsen, weil im Zuge der Erreichung der Klimaneutralität fossile Energieträger ersetzt werden müssen, was einen steigenden Elektrifizierungsgrad mit sich bringt.
Brandaktuell für die Industrie im Bayerischen Chemiedreieck ist auch das Thema PFAS, und das in doppelter Hinsicht. Zum einen droht dem Dyneon-Standort Gendorf bekanntlich das Aus, zum anderen bereitet das eben angelaufene Verbotsverfahren auf EU-Ebene den Unternehmen große Sorgen. Denn anders als in der Öffentlichkeit mitunter wahrgenommen, kommen perfluorierte Substanzen längst nicht nur in Alltagsgegenständen wie Bratpfannen und Outdoor-Bekleidung zum Einsatz, sondern auch in Bereichen von zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des ganzen Landes.
Gerade die Gruppe der maßgeblich von Dyneon produzierten und nach heutigem Wissen gesundheitlich unbedenklichen Fluorpolymere ist aus Sicht der Industrie auf absehbare Zeit unersetzlich. Aus diesen Fluorkunststoffen werden unter anderem medizinische Implantate gefertigt, ebenso sind sie bei der Herstellung von Halbleitern und Industrieanlagen, in der 5G-Telekommunikationstechnik und in vielen Bereichen der Energietransformation notwendig, sei es bei Brennstoffzellen, der Wasserstoff-Elektrolyse oder der Batterietechnik. Unter anderem werden die extrem widerstandsfähigen und schmutzabweisenden Fluorpolymere benötigt, um Rohre und Anlagen auszukleiden und abzudichten oder auch für die Membranen in der Chlor-Alkali-Elektrolyse. Schließlich müssen diese im Industriealltag aggressiven Stoffe wie Säuren und Laugen standhalten. Zugleich garantieren nur die Fluorpolymer-Beschichtungen Reinheitsgrade, wie sie beispielsweise im Halbleitersegment Grundvoraussetzung sind.
Zur Sprache kamen aber auch weitere fürs Chemiedreieck folgenreiche EU-Beschränkungspläne. Generell sehen die ChemDelta-Verantwortlichen zusehends eine besorgniserregende Tendenz – weg von der bewährten Praxis, anhand einer wissenschaftlich fundierten Risikobewertung zu entscheiden. Stattdessen gehe es vielfach nur mehr darum, jedes mögliche Gefahrenpotenzial auszumerzen, ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen.
Gänzlich blieb dann auch der Dauerbrenner und einstige Gründungsgrund für die ChemDelta-Initiative nicht außen vor: die ABS38. So brachten die Vertreter des Chemiedreiecks im Bundesverkehrsministerium ihr Unverständnis über die jüngsten Verzögerungen zum Ausdruck – versehen mit dem Anliegen, bei zwei Planungsabschnitten zu prüfen, ob diese aus dem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz wieder herausgenommen werden können, um sie zeitnäher umzusetzen.
Nach den Gesprächen in Berlin geht es für ChemDelta Bavaria nahtlos weiter in München. Ziel ist es, auch dort der Politik die Notwendigkeiten – und ebenso die Zukunftschancen – des Chemiedreiecks näherzubringen.
Bildquelle: ChemDelta Bavaria