Mitgliederversammlung 2024 – Änderungen im Vorstand
25. Juli 2024Bayerischer Pharmagipfel 2024: Für einen zukunfts- und wettbewerbsfähigen Pharmastandort
29. Juli 2024Mitgliederversammlung der Bayerischen Chemieverbände 2024: Viele Herausforderungen und ein Abschied
Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung der Bayerischen Chemieverbände beleuchtete deren Vorstandsvorsitzender, Dr. Christian Hartel, die derzeitigen Herausforderungen der deutschen Chemieindustrie und erhob zentrale Forderungen zur strukturellen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowie für eine erfolgreiche klimaneutrale Transformation. Kernanliegen der Branche sind weiterhin ein international wettbewerbsfähiger Strompreis sowie die Rückbesinnung auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, um attraktive Rahmenbedingungen für Zukunftsinvestitionen zu schaffen. Anstatt eines immer komplexeren Dirigismus und Mikroregulierung müsse die Energiewende endlich zum Business Case mit unternehmerischen Lösungen werden.
Nach mehr als einem Jahrzehnt als Hauptgeschäftsführer an der operativen Spitze der Bayerischen Chemieverbände verabschiedete sich Walter Vogg in den Ruhestand. Dr. Markus Born, ebenfalls seit über 10 Jahren als Geschäftsführer bereits Teil des Verbändeteams, wird ab 01. August 2024 sein Nachfolger.
Chemieverbände rufen Politik zur Verbesserung der Rahmenbedingungen auf
In seiner Rede hob Dr. Hartel mehrere strukturelle Standortprobleme und Forderungen hervor. „Nach wie vor besteht die Notwendigkeit von günstigen Strompreisen – gleichermaßen als Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Zudem brauchen wir dringend eine Rückbesinnung auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, um Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten und unnötige Bürokratie abzubauen.“, so Hartel. Der Vorstandsvorsitzende kritisierte die bisherigen Maßnahmen der Energiewende als ineffizient und zu teuer, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leide und plädierte für einen staatlich gedeckelten Strompreis, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Es brauche wieder gute Rahmenbedingungen, in denen Unternehmen im fairen Wettbewerb um die besten Technologien, Ideen und Lösungen prosperieren können – die „Spielregeln“ der sozialen Marktwirtschaft haben sich hierfür als besonders erfolgreich herausgestellt. Visuell haben die Bayerischen Chemieverbände diese Forderungen in einer 4ct-Münze mit dem Porträt von Ludwig Erhard auf der Rückseite ihres Jahresberichts zum Ausdruck gebracht.
Der Vorstandsvorsitzende beleuchtete zudem die wirtschaftliche Lage der Branche: „Im Jahr 2023 sank die Produktion der Chemieindustrie um 9 %, ohne den Pharmasektor sogar um 12 %. Trotz einer leichten Erholung im ersten Halbjahr 2024 bleibt die Lage angespannt.“
Die Chemie- und Pharmaindustrie bezeichnete er als „Lösungsindustrie“, deren Produkte und Innovationen für zahlreiche nachhaltige Technologien und Branchen unverzichtbar seien. Ein starker Rückgang in dieser Branche würde langfristige wirtschaftliche Schäden verursachen.
Die Bayerischen Chemieverbände rufen die Politik dazu auf, die zentralen Rahmenbedingungen zu verbessern und den Unternehmen die Freiheit zu geben, die besten Lösungen selbst zu entwickeln. Nur so könne Deutschland als Wirtschaftsstandort und Vorreiter in der klimafreundlichen Transformation bestehen.
„Die Chemiebranche, als drittgrößte Industrie in Deutschland und Schlüsselindustrie für zahlreiche Technologien, leidet unter der aktuellen Wirtschaftspolitik. Die Unternehmen müssen im Wettbewerb gestärkt, statt durch detaillierte Regulierung behindert werden. Nur so kann Deutschland ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell aufrechterhalten und ein positives Investitionsklima schaffen“, so Hartel.
Alzchem siegt im bayerischen RC-Wettbewerb 2024
Im Rahmen des öffentlichen Teils der Mitgliederversammlung fand auch die Siegerehrung des Responsible-Care-Landeswettbewerbs 2024 statt. Das diesjährige Thema lautete „Sicheres und gesundes Arbeitsumfeld“. Die Initiative „Responsible Care“ steht für die kontinuierliche Verbesserung von Sicherheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz, wobei freiwilliges Engagement über gesetzliche Vorschriften hinausgeht. Der Wettbewerb fördert den Austausch von Ideen und Projekten zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz, insbesondere in der chemisch-pharmazeutischen Industrie.
Dieses Jahr gab es acht Beiträge von sieben Mitgliedsunternehmen aus Bayern, die vielfältige Ansätze zur Schaffung eines sicheren und gesunden Arbeitsumfelds präsentierten. Die ausgezeichneten Projekte wurden von einer unabhängigen Jury, bestehend aus den Experten Prof. Dr. Bernd Scheel von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie und Thomas von der Heyden vom Institut für Arbeitsschutz der DGUV, bewertet.
In der Kategorie „Mittelstand“ siegte die MIPA SE mit ihrem Projekt „Einrichtung einer Unterweisungszone“, das durch praxisnahe und kontinuierliche Schulungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit beiträgt. In der Kategorie „Digitalisierung“ gewann die WACKER Chemie AG mit ihrem Projekt „WACKER ist auf den Hund gekommen“, bei dem ein Roboterhund zur automatisierten Durchführung von Betriebsrundgängen eingesetzt wird. Der Gesamtsieg ging an die Alzchem Group für ihre „Sicherheitsolympiade der Auszubildenden“, die spielerisch das Sicherheitsbewusstsein der neuen Auszubildenden stärkt.
Neben den Siegern wurden auch die weiteren fünf Projekte für ihren Beitrag zum verantwortungsbewussten Handeln gewürdigt. Diese Projekte kamen von Bionorica SE, Peter Brehm GmbH, CORDENKA GmbH & Co. KG, Roche Diagnostics GmbH und ein weiteres Projekt von WACKER Chemie AG. Alle Teilnehmer erhielten Anerkennung für ihre innovativen Ansätze und ihren Einsatz für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Die ausgezeichneten Projekte werden nun auf Bundesebene gegen die Sieger aus anderen Landesverbänden antreten. Alle Projekte sind in einem Flyer beschrieben, der auch auf der Homepage des VCI verfügbar ist.
Insgesamt demonstrieren die eingereichten Projekte eindrucksvoll das Engagement der Unternehmen für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld und die Bedeutung des Responsible-Care-Gedankens in der chemisch-pharmazeutischen Industrie.
Weitere Informationen finden Sie hier (Bericht zum RC-Wettbewerb 2024)
Verabschiedung von Walter Vogg
Rund 200 Gäste applaudierten dem scheidenden Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Chemieverbände, Walter Vogg, als dieser nach mehr als einem Jahrzehnt zum letzten Mal die Bühne einer Mitgliederversammlung verließ. Vorab durfte er einen wahren Verabschiedungsmarathon verfolgen, der von wertschätzenden Dankesworten von Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verbändewelt geprägt war. Sie alle würdigten die Persönlichkeit von Walter Vogg und hoben die sehr positiv erlebte Zusammenarbeit wie auch das leidenschaftliche Engagement für die Chemie- und Pharmabranche hervor.
Bei seinen abschließenden Worten bedankte sich Walter Vogg für die vielen wertschätzenden Worte, die langjährige gute Zusammenarbeit sowie insbesondere bei „seinem“ Team in den Bayerischen Chemieverbänden für dessen Unterstützung und Einsatz für die Mitgliedsunternehmen. Darüber hinaus zog er ein kurzes Resümee seiner Verbandszeit, die von „Wandel“ und „Wende“, der Covid-Pandemie aber auch von den Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine geprägt war. Nach dem Motto „Wir können nicht nur Erfolg, wir können auch Krise“ war es für ihn immer wichtig, gerade in schwierigen Zeiten mit „Herz und Rückgrat“ für die Unternehmen zu kämpfen. Denn Probleme löst man nur, wenn man ihnen ins Auge blicke, nicht indem man sie schönrede! Dabei hob er nochmals die Bedeutung der Chemie- und Pharmaindustrie als #Lösungsindustrie, ohne die gerade die Transformationsziele nicht erreichbar seien, als „etwas ganz Besonderes“ hervor. Dies gelte auch für die besondere Sozialpartnerschaft mit der IGBCE. Hier habe man mit dem letzten Tarifabschluss – ohne Arbeitskampf seit 1971! – erneut ein Zeichen für Konsens und gegen Konflikt und Krawall gesetzt. Zum Schluss betonte Walter Vogg, dass es ihm eine „Ehre“ sei, Teil der 75-jährigen Verbandsgeschichte zu sein und schloss mit den Wünschen an alle: „Möge die Chemie immer mit Ihnen sein!“
Am Tag seiner Verabschiedung erhielt Walter Vogg noch eine besondere Ehrung: Im Namen des Vorstandes wurde er auf Lebenszeit in den Ältestenrat des Arbeitgeberverbands VBCI berufen.
Gastrednerin Prof. Dr. Angelika Niebler, MdEP
Als Gastrednerin konnten die Bayerischen Chemieverbände Frau Prof. Dr. Angelika Niebler herzlich begrüßen. Niebler ist Präsidentin des Wirtschaftsbeirats Bayern sowie bereits seit 1999 EU-Parlamentarierin und konnte somit aus ihren langjährigen Erfahrungen im Europäischen Parlament berichten.
Frau Prof. Dr. Niebler ging in Ihrem Festvortrag „Die Europäer haben gewählt – Worauf es jetzt für unsere Wirtschaft ankommt” auf die politische Situation nach der Europawahl und die damit verbundenen politischen Leitlinien auf EU-Ebene für die kommende Legislaturperiode ein. Insgesamt sei hier wieder ein stärkerer Fokus auf Wirtschaftspolitik, Wettbewerbsfähigkeit und weniger Detailregulierung zu erwarten. Neben der innenpolitischen Sicht beleuchtete Prof. Niebler aber auch die geopolitischen Herausforderungen der EU. Abschließend resümierte die Festrednerin, dass die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft auch für die Zukunft ein Erfolgsmodell seien und wieder zum Mainstream werden müssen.
Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurde u.a. die Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung der EU-Wettbewerbssituation zu anderen Weltregionen wie USA und Asien, die Zukunft der Medizinprodukte-Regulierung wie auch die grundsätzliche Frage, inwieweit ein Politikwechsel der europäischen Institutionen im Kontext der Erwartungshaltungen unterschiedlicher Stakeholder aber auch jüngere gerichtlicher Entscheidungen möglich und denkbar sei, erörtert.
Die Mitgliederversammlung wurde auch ausführlich in der Presse dargestellt. Den Artikel dazu finden Sie hier (ARTIKEL)
Bildquelle: Bayerische Chemieverbände, Foto Winkler